Richard Wagner gilt als einer der deutschesten Künstlern.
Durch seine Kunst verkörpert er die deutsche Seele wie kein anderer. Trotzdem
sind sich wenige Leute wirklich bewußt, wie reichlich Frankreich den Musiker
beeinflußte, ob politisch, literarisch oder im Bereich der Kunst.
Bevor der berühmte Musiker in Frankreich lebte, war er ein
überzeugter Frankophil. Richard Wagner verfolgte die politischen Ereignisse
(die Juli Revolution) in Frankreich.
" Die Extra-Blätter der Leipziger Zeitung brachten die
Nachricht der Pariser Juli-Revolution. Der König von Frankreich war vom Throne
gestoßen; Lafayette, der soeben wie ein geschichtliches Märchen durch meine
Imagination gezogen war, ritt unter dem Jubel des Volkes wieder durch die
Straßen von Paris; die Schweizergarden waren in den Tuilerien nochmals
niedergemacht worden; ein neuer König wußte sich nicht anders dem Volke zu
empfehlen, als daß er sich selbst für die Republik ausgeben ließ. Mit
Bewußtsein plötzlich in einer Zeit zu leben, in welcher solche Dinge vorfielen,
mußte natürlich auf den siebzehnjährigen Jüngling von außerordentlichem
Eindruck sein. Die geschichtliche Welt begann für mich von diesem Tage an; und
natürlich nahm ich volle Partei für die Revolution, die sich mir nun unter der
Form eines mutigen und siegreichen Volkskampfes, frei von allen den Flecken der
schrecklichen Auswüchse der ersten französischen Revolution, darstellte. Da
revolutionäre Erschütterungen bald ganz Europa in mehr oder minder starken
Schauern heimsuchten, und auch hier und da deutsche Länder von ihnen berührt
wurden, blieb ich längere Zeit in fieberhafter Spannung und wurde zum ersten
Male auf die Gründe jener Bewegungen aufmerksam, die mir als Kämpfe zwischen
dem Alten, Überlebten und dem Neuen, Hoffnungsvollen der Menschheit erschienen.
Auch Sachsen blieb nicht unberührt; in Dresden kam es ja zu einem wirklichen
Straßenkampfe, der zu einer unmittelbaren politischen Veränderung durch die
Einsetzung der Mitregentschaft des nachherigen Königs Friedrich und zur
Gewährung einer konstitutionellen Verfassung führte. Mich begeisterte dieses
Ereignis so sehr, daß ich eine politische Ouvertüre entwarf, deren Einleitung
einen düstren Druck schilderte, in welchem dann ein Thema sich bemerklich
machte, unter das ich zu deutlicherem Verständnis die Worte »Friedrich und
Freiheit« schrieb: dieses Thema war bestimmt, sich immer größer und herrlicher
bis zum vollsten Triumphe zu entwickeln, dessen Erfolg ich nächstens in einem
der Leipziger Gartenkonzerte zu erleben verhoffte."
Richard Wagner, Mein Leben
Paris galt damals als die Metropole, in der die meisten
Künstler die besten Chancen hatten, Aufsehen zu erregen:
“Man hat mich versichert, ich habe Talent: – habe ich mir
denn nun etwa Tunis ausgewählt, um es geltend zu machen? Nein, ich bin nach
Paris gegangen, an den Hauptplatz der Welt, wo die Kunst aller Nationen in
einen Brennpunkt zusammenströmt, wo die Künstler aller Nationen Anerkennung
finden. Hier werde ich nächstens erfahren, ob man mich betrogen hat, als man
mir Talent zusprach, oder ob ich wirklich welches besitze.“
Richard Wagner (Ein Ende in Paris:)
Als er sich in materiellen Schwierigkeíten in der Hauptstadt
Frankreichs befaßte, entwickelte Richard Wagner einen inneren Haß der französischen Hauptstadt gegenüber.
Die Haupstadt Paris enspricht seinen Vorstellungen nicht- seine Frau Minna
unterstützt den Haushalt als Schauspielerin, und Wagner muß als Musik
Journalist für deutsche und französische Zeitungen arbeiten. Obwohl er diese
schlecht bezahlte Tätigkeit haßt, ist Wagner zu seiner Zeit einer der besten
Musik Journalisten.
Oft fühlte er sich berühmten französischen Komponisten unterlegen, so wie es der Fall mit Hector Berlioz ist. War eine Freundschaft
zwischen beiden Männern möglich? Wagner schildert in seiner Autobiographie, daß
er sich in der Gegenwart von Berlioz, der in Paris sehr berühmt und geschätzt
war, wie ein Schüler fühlte. Seine Minderwertigkeitsgefühle werden sehr stark
betont.
Wer immer beide Werke, Berlioz Romeo und Julia und Wagners
Tristan und Isolde sich angehört hat, wird gleich bemerken, daß der deutsche
Komponist Romeo und Julia viele Akkorde entnahm.
Politisch wurde Wagner vom Anarchisten Proudhon beeinflußt.
Literarische Quellen wie Gobineau und Gleizes änderten seine
Lebensanschauungen. Gobineaus rassistische Theorien und Gleizes Vegetarismus
hatten großen Einfluß auf Wagner. Beide waren Franzosen.
Am Anfang hatte Wagner die Eroberung des französischen
Publikums im Sinne, aber seine Vorstellungen der Kunst enstsprachen dem
Geschmack des Pariser Publikums nicht.
Das Pariser Publikum genas protzige Kunstwerke, die auch von
musikalischer Leichtigkeit geprägt waren. Deshalb gibt es eine Pariser Version
des Tannhäuser, in der Wagner ein Balett hinzufügte.
Wagners Werk wurde in den späteren Lebensjahren des Musikers
in Frankreich anerkannt und von großen Dichtern wie Baudelaire und Mallarme
verteitigt.
Aber Wagner selbst scheint Frankreich seine Schwierigkeiten
und Notzeiten nie verziehen zu haben.
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Copyright© by Isabelle Esling