Thursday 16 May 2013

Zum 200. Geburtstag Richard Wagners





Am 22. Mai 2013 wird man weltweit den 200. Geburtstag Richard Wagners feiern, einem Menschen der den deutschen Geist wie kein anderer  beeinflußte.
Am 22. Mai 1813 wurde Richard Wagner in einem Haus am Brühl, in Leipzig geboren, in einer Zeit politischer Unruhen. Die sächsische Stadt war damals von den napoleonischen Truppen besezt.
Wagner wuchs in einer Kunst- und Musik liebenden Familie auf. Als neuntes Kind seines früh verstorbenen Vaters, den der Musiker nie kannte, wurde der kleine Richard  von seinem Stiefvater Ludwig Geyer erzogen.
Bei der Mutter gab es wenig Zeit für Zärtlichkeiten, wie der Musiker es in seiner Autobiografie betont.
Der Bruder seines Vaters, Adolf Wagner, prägte den jungen Richard sehr:

„Mein Oheim gewann später einen nicht unbedeutenden Einfluß auf meine Entwicklung; wir werden ihm in einer entscheidenden Phase meiner Jugendgeschichte wieder begegnen. Über meinen für mich so früh verstorbenen Vater erfuhr ich später, daß er im allgemeinen sehr für Poesie und Literatur eingenommen, namentlich dem damals von den gebildeten Ständen sehr gepflegten Theater eine fast leidenschaftliche Teilnahme zuwendete.“ Richard Wagner

 Die Wirkung Wagners kunstliebenden Stiefvaters Ludwig Geyer ist auch eindeutig:

„Meine frühesten Jugenderinnerungen haften an diesem Stiefvater, und gleiten von ihm auf das Theater über. Wohl entsinne ich mich, daß mein Vater gern Malertalent sich in mir entwickeln gesehen haben würde; sein Arbeitszimmer mit der Staffelei und den Gemälden darauf ist zwar auf mich nicht ohne Eindruck gewesen; ich entsinne mich, daß ich namentlich ein Porträt des Königs Friedrich August von Sachsen mit kindischem Nachahmungseifer zu kopieren versuchte; sobald es aber von dieser naiven Kleckserei zu ernsteren Zeichnungsstudien übergehen sollte, hielt ich, vielleicht schon durch die pedantische Manier meines Lehrers (eines langweiligen Vetters) abgeschreckt, nicht aus.“
Richard Wagner, Mein Leben

Diese Begegnungen mit der Welt der Bühne wirkten auf die Kreativität und Vorstellungsfähigkeiten des Musikers:

„Auch bei dieser Gelegenheit ist mir der großmütige Anteil des vortrefflichen Stiefvaters berichtet worden, welcher, nie verzweifelnd trotz der Sorgen und Beschwerden des starken Familienbestandes, geduldig blieb, und nie die Hoffnung, mich durchgebracht zu sehen, aufgab. – Große Gewalt übte nun auf meine Phantasie die Bekanntschaft mit dem Theater, in welches ich nicht nur als kindischer Zuschauer in der heimlichen Theaterloge mit ihrem Eingang über die Bühne, nicht nur durch den Besuch der Garderobe mit ihren phantastischen Kostümen und charakteristischen Verstellungsapparaten, sondern auch durch eigenes Mitspielen eingeführt wurde. Nachdem mich »Die Waise und der Mörder«, »Die beiden Galeerensklaven«, und ähnliche Schauerstücke, in welchen ich meinen Vater die Rollen der Bösewichter spielen sah, mit Entsetzen erfüllt hatten, mußte ich selbst einige Male mit Komödie spielen. Bei einem Gelegenheitsstücke zur Bewillkommnung des aus der Gefangenschaft zurückkehrenden Königs von Sachsen – »Der Weinberg an der Elbe«, mit Musik vom Kapellmeister C.M. von Weber, entsinne ich mich, bei einem lebenden Bilde als Engel ganz in Trikots eingenäht, mit Flügeln auf dem Rücken, in schwierig eingelernter graziöser Stellung figuriert zu haben.“

Schon in der vierten Klasse enthüllten sich Wagners Dichtungsfähigkeiten während eines dramatischen Ereignisses: ein Mitschüler starb plötzlich mitten im Unterricht, und Richard wurde beauftragt, ein Gedicht zu schreiben, daß sogar den Schuldirektorbeeindruckte:

„Als einst, da ich noch in Quarta saß, ein Mitschüler namens Starke plötzlich starb, erregte dieser traurige Vorfall so große Teilnahme, daß nicht nur die ganze Klasse zum Begräbnis des Kameraden beschieden, sondern vom Rektor auch die Aufgabe gestellt wurde, durch ein Gedicht, welches gedruckt werden sollte, die Leichenfeier zu erhöhen. Von den verschiedenen Gedichten, unter denen auch ein von mir in Eile verfaßtes sich befand, erschien dem Rektor jedoch keines der beabsichtigten Auszeichnung würdig, so daß er bereits seinen Entschluß ankündigte, durch eine von ihm selbst zu verfassende Rede für das verfehlte einzutreten. Bestürzt suchte ich eilig Magister Sillig auf, um ihn noch zu einer Intervention zugunsten meines Gedichtes zu bewegen: wir gingen dieses nun durch; die achtzeiligen wohlgebauten und -gereimten Stanzen bestimmten ihn, den Inhalt des Gedichtes sorglich zu revidieren. Es fand sich sonderlicher Schwulst in Bildern, die weit über die Vorstellungsweise eines Knaben meines Alters hinausgingen, in dem Gedicht. Ich entsinne mich einer Stelle, auf welche der Monolog aus Addisons Cato, vor dessen Selbstmord, wie ich ihn in einer englischen Grammatik vorgefunden, großen Einfluß geübt hatte. Die Worte »und wenn die Sonne schwarz vor Alter würde, die Sterne müd' zur Erde fielen«, welche jedenfalls unmittelbare Reminiszenzen aus jenem Monolog enthielten, erweckten Silligs mich fast beleidigendes Lächeln. Dennoch verdankte ich der Sorgfalt und der Schnelligkeit, mit welcher er mein Gedicht von derlei Ausschweifungen säuberte, daß dieses schließlich vom Rektor noch zugelassen, wirklich gedruckt und in zahlreichen Exemplaren verteilt wurde.
Der Erfolg dieser Auszeichnung war außerordentlich, sowohl bei meinen Mitschülern, als namentlich auch bei meiner Familie; meine Mutter faltete die Hände andächtig, und in mir ward ich nun einig über meinen Beruf. Ganz unzweifelhaft stand es vor mir, daß ich zum Dichter bestimmt sei.“
Richard Wagner, Mein Leben

Ein wundervoller Dichter ist Wagner schon immer gewesen. Wer immer sich die Librettis seiner selbstgeschriebenen Opern ( nicht alle Komponisten bemühten sich damals ihre eigenen Librettis zu schreiben, die meisten Musiker borgten den Text und schrieben ihre Musik darauf) anschaut, wird Wagners eigenartiges Gebrauchen der Worte genießen.
Man muß auch wahrnehmen, daß die italienische Sprache damals in der Welt der Oper sehr lange vorrängig geblieben ist. Wagner ist in diesem Sinne auch ein Neugestalter, denn er bringt die Schönheit der deutschen Sprache ins Licht.
Richard Wagner war in seiner Zeit wegen seiner avangardistischen Stellungnahme in der Welt der Kunst oft mißverstanden. Sein Konzept der Kunst der Zukunft umfaßte Dichtung, Drama, Musik und Malerei.
Wenn man den Sprechgesang in Acht nimmt, der im Loge Charakter im Ring des Nibelungen auftaucht, ist Wagner bestimmt ein Vorläufer Arnold Schönbergs.

Richard Wagner hat uns ein prächtiges Erbe hinterlassen und ich möchte zu seinem 200. Geburtstag den großen Musiker huldigen.
Mein fünftes Buch erforscht Wagners Beziehung zu Frankreich in Kunst, Literatur und Politik. Es wird gleich beim Ibidem Verlag veröffentlicht. Ich halte euch alle auf dem Laufenden.

Copyright© by Isabelle Esling
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